9.1.07

Lady Vengeance


Südkorea 2005 (Chinjeolhan geumjasshi / Sympathy for Lady Vengeance) Regie: Park Chan-wook mit Lee Yeong-ae, Choi Min-sik, Oh Dal-su 115 Min. FSK: ab 16
 
Schon jetzt ist einer der schönsten, bewegendsten, besten Filme des Jahres zu erleben: "Lady Vengeance" erzählt mit meisterlicher Brillanz in Story, Bild und Ton von Schuld und Sühne. Eine Mutter wird wegen Entführung und Mord verurteilt. Erst nach Gefängnisstrafe und Rachezug kommt die Wahrheit ans Licht. Das koreanische Kino zeigt sich bei Park Chan-wook wieder als eines der faszinierendsten unserer Zeit - nicht nur mit Kim Ki-Duk oder Alt-Meister Im Kwon Teak.
 
Dreizehn Jahre saß Geum-ja Lee im Knast, weil sie einen Jungen entführt und ermordet haben soll. Dort wurde sie zum Engel der Schwachen, half allen. Auch mal zum schnellen Tod als Strafe für übles Verhalten. Nun stößt sie die Samariter weg, die sie am Gefängnistor empfangen, schminkt sie die Augenlider rot und nimmt mit Hilfe der Freunde aus der Haft Rache.
 
Auf allen Ebenen faszinierend entwickelt sich die Geschichte in einigen Rückblenden und im Gesicht von Geum-ja Lee, zurückhaltend gespielt von Lee Yeong-ae ("Joint Security Area"). Doch obwohl die Brillanz der Bilder, die Details mit Kultpotential, locker mit "Kill Bill" und ähnlichem mithalten, ist dies erst die Basis für ein erschütterndes Drama. In einer Schlüsselszene entscheiden die Eltern der ermordeten Kinder, ob sie selber Rache üben oder den Täter - ein Lehrer, der von den Kinder genervt war, und sich grausamst an ihnen verging - der Polizei ausliefern. Man entscheidet sich zur Vergeltung a la "Mord auf dem Nil" - nur fließt hier Blut. Dazu spielt eine fast heitere Melodie. Klassische Musik wie besonders eindrucksvolle im gesamten Film.
 
Das geht nicht ohne Gewalt ab, "Lady Vengeance" ist keineswegs zimperlich, aber die Blutströme sind nichts vergleichen mit den seelischen Grausamkeiten. Hier klaffen ähnlich dramatische Tiefen wie in Dürrenmatts "Es geschah am helllichten Tag". Aber "Lady Vengeance" zeigt niemals diese Entseelung wie bei den rächenden amerikanischen Action-Figuren. Hier zeigt sich ein wahnsinniges Gesicht, zerrissen zwischen Leid und Liebe. Ganz wie der Film mit ungemein feinen, zärtlichen Momenten und mit Gewalt lebt.
 
Es ist die alte Folge von Schuld und Sühne, nur etwas komplizierter, weil Geum-ja Lee ja unschuldig verurteilt wurde. Am Ende seiner Rache-Trilogie (nach "Sympathy for Mr. Vengeance" und "Oldboy") gönnt uns der süd-koreanische Meister Park Chan-wook die betörende Reinheit des alles überdeckenden Schnees.