19.12.06

Flutsch und weg


USA 2006 (Flushed Away) Regie: David Bowers, Sam Fell 84 Min. FSK: o.A.
 
Was wäre, wenn sich eine der knudddelig-skurrilen Knetfiguren aus der Werkstatt von Wallace & Gromit in die digitalisierten Trickwelten von Pixar & Co. verirren würde? Wird es die liebvoll geformten Charaktere im Rausch der Geschwindigkeit und der Effekte zerreißen? Mitnichten! Die Zusammenarbeit von DreamWorks Animation ("Shrek") und den Londoner Aardman-Studios vereint das Beste aus beiden Welten. "Flutsch und weg" und hinein in den sympathischen Trick-Spaß.
 
Die reiche, verwöhnte aber einsame Streichelratte Roddy lebt im Londoner Nobelviertel Kensington und im Goldenen Käfig. Allein zu Hause macht sich der sehr menschlich wirkende Nager einen schönen Tag mit Barbie-Figuren, einer James Bond-Filmpremiere (im Anzug und auf DVD) und sportlichen Turnieren. Bis die Kanalratte Sid mit Lederjacke und Slang bei ihm einfällt. Das schmuddelige Chaos schlüpft mit durch den Ausguss und als Robby den ruppigen Mitbewohner über die Klospülung entsorgen will ("Toller Whirlpool, versuch's mal!"), flutscht er selbst über die Sickergrube, die er einem anderen graben wollte, in Abgründe der Kanalisation.
 
Roddy entdeckt ein unterirdisches Mini-London - inklusive kleinem Big Ben - aus Haushaltsgegenständen nachgebaut. Alles überwältigend kunterbunt und quirlig, so stolpert das verwöhnte Schoßtierchen durch das richtige Leben, ins Boot von Rita und mit ihr direkt hinein in eine stinkige Gaunerei. Da will ein dicker, durch Prinz Charles traumatisierter Frosch Rache an den Ratten nehmen, will sie mit der berüchtigten Halbzeitpausen-Flut hinwegspülen. Und der tollpatschige Roddy - im immer mehr ramponierten Smoking - ist plötzlich tatsächlich in der Bond-Rolle, in der er sich immer reingeträumt hat...
 
Nicht nur Film wird reichlich und komisch zitiert, "Flutsch und weg" gewinnt einen Teil seiner zahllosen Scherze aus der Klein-Groß-Perspektivverschiebung. Da ist die auch im kleineren Maßstab ähnlich funktionierende, widererkennbare große Welt. Aber da sind auch die umgenutzten Gegenstände der Menschen, wunderbar komisch durch die Mini-Perspektive, wenn Roddy und Rita zum Beispiel mit einer British Air-Plastiktüte im Stile von Montgolfiere abheben.
 
Vordergründig dreht sich alles um einen Rubin, doch Rita mit den rubinroten Haaren und ihrer großen, liebenswert chaotischen Familie ist der eigentliche Schatz, den es für Roddy zu entdecken gilt. So rauft er sich zusammen mit der ingeniösen Lara Croft im Miniformat.
 
Der tolle Zeichentrick wimmelt nur so von genialen Einfällen und witzigen Details, wie Werbebotschaften für den Sänger "40 Pence". Unter den gegnerischen, französischen Ninja-Fröschen ist ein Pantomime im Stile Marcel Marceaus mit aberwitziger Videobotschaft. Oder der Muskelmann, der im Labor eines Shampoo-Herstellers arbeitete, was ihn von Schuppen befreite. Und von den Haaren.
 
Aardman brachte dem herrlichen Spaß nett vermenschlichte Figuren bei. Den Humor von "Wallace & Gromit" und auch einige bekannte Gesichtszüge erkennt man wieder. Dazu gibt es Verfolgungsjagd durch die Kanalisation wie in Costners "Waterworld". Die Jet-Skis werden dabei durch Handmixer ersetzt und passend von Schlagsahne im Wasser gebremst. Allerdings hört auch da, wo sich amerikanische Animationshits irgendwann von der Handlung mitreißen lassen, der Strom umwerfender Ideen nie auf: Roddy findet Nemo in der Kanalisation, aber auch ziemlich viele Blutegel. Diese erweisen sich als geniale und umwerfend komische Sidekicks, begleiten die Handlung kommentierend und musikalisch.