1.8.06

Locarno 2006: Pop und Kultur von K ö ln bis Miami

Pop und Kultur von Köln bis Miami
 
Locarno. Wenn ein ambitioniertes und engagiertes Festival wie das von Locarno seine 59.Ausgabe (2.-12.8.2006) mit "Miami Vice" eröffnet, muss etwas passiert sein. Tatsächlich gab es einen Führungswechsel in der künstlerischen Leitung des Festivals. Nach der Römerin Irene Bignardi, die in fünf Jahren das europäische Festivalereignis in der Südschweiz enorm belebte, übernimmt nun ihr Schweizer Kritikerkollege Frederic Maire aus der französischen Schweiz die Programmverantwortung.
 
Doch wenn heute Abend die legendären Crockett und Tubbs in Miami auf Gangster-Jagd gehen, wird im Cultur-Clash von Lago Maggiore und Floridas verruchter Küste nicht Locarnos Festivalkultur untergehen. Der exzellente Michael Mann ("Der Einzelgänger", "Heat", "Der rote Drache") übernahm die Regie von "Miami Vice" und machte aus dem 80er Pop der offenen Cabrios und Hemden unter Floridas Palmen eine düstere Drogengeschichte mit Colin Farrell und Jamie Foxx in den Hauptrollen.
 
Ein weiteres Highlight wird der Auftritt Carla Del Ponte in Locarno sein. Die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshof begleitet die Premiere von "Carla's List", einer Dokumentation über die enorme Arbeit von des gesamten Internationalen Strafgerichtshofs, den Kriegsverbrechern den Prozess zu machen.
 
Gleich sieben von der Filmstiftung NRW geförderte Produktionen werden auf den Leinwänden des traditionsreichen Festivals von Locarno in der Schweiz gezeigt, allein drei davon im Wettbewerb. Auf dem Open Air-Kino der Piazza Grande waren NRW-Filme mit "Das Wunder von Bern" (2003) und "Die syrische Braut" (2004) sehr erfolgreich. Das nicht mehr ganz frische Stasi-Drama "Das Leben der anderen" kommt aufgrund seiner Qualitäten dieses Jahr zu Piazza-Ehren.
 
Im Wettbewerb läuft Dito Tsintsadzes "Der Mann von der Botschaft", die Geschichte eines deutschen Botschaftsmitarbeiters in Tiflis (Burghart Klaußner, "Die fetten Jahre sind vorbei"), der das Straßenmädchen Saschka (Lika Martinova) kennen lernt und sich ihrer annimmt. Produziert wurde der Film von der Kölner Tatfilm in Zusammenarbeit mit ZDF und Arte.
 
Mit seinem Film "Gefangene" kehrt Regisseur Iain Dilthey zurück nach Locarno, wo er 2002 den Goldenen Leoparden für "Das Verlangen" erhalten hatte. "Gefangene" erzählt die Geschichte einer Annäherung zwischen einer zurückgezogen lebenden Biologin (Jule Böwe) und einem entflohenen Häftling (Andreas Schmidt, "Sommer vorm Balkon"), der sich in ihre Wohnung flüchtet.
 
"Solange Du hier bist" ist Stefan Westerwelles Diplomfilm an der Kunsthochschule für Medien Köln. Die Geschichte eines vereinsamten Mannes (Michael Gempart), dessen einziger Bezugspunkt die Liebe zu einem jungen Stricher (Leander Lichti) ist, wird im Wettbewerb der Reihe "Cinéastes du Présent" ("Filmmakers of the Present") gezeigt.
 
Freuen kann man sich auch auf eine komplette Retrospektive des finnischen Lakonikers Aki Kaurismäki, dessen neuer Film "Lights in the dusk" im Dezember in deutsche Kinos kommt.