17.7.06

Man muss mich nicht lieben


Frankreich 2005 (Je ne suis pas là pour être aimé) Regie: Stéphane Brize mit Patrick Chesnais, Anne Consigny, Georges Wilson, Cyril Coupon 93 Min.
 
Im Gerichtsvollzieher Jean-Claude (Patrick Chesnais) steckt so wenig Lebensenergie, dass er nur mühsam die Treppen zu seinen säumigen Klienten hochkommt. Der verbitterte Vater (Georges Wilson) im Pflegeheim bringt es auf den Punkt: Es ist immer das Gleiche. Jean-Claudes Sohn und vorgesehener Nachfolger traut sich nicht, dies miese Erbe zurückzuweisen, ja nicht mal, ein paar Pflanzen im Büro aufzustellen. Das Leben ist der freudlose Gang eines fünfzigjährigen Sisyphos mit Aktentasche und Treppenhaus statt Stein und Berg.
 
Da das Herz dies triste Elend nicht mehr richtig mitmachen will, verschreibt der Arzt Jean-Claude etwas Bewegung. Anstelle von Sport gibt es ungelenke Tango-Versuche in der Schule, die der strenge Gerichtsvollzieher vom Büro immer beobachtet hat. Schon graue Haare, der Schnauzer unterscheidet sich farblich nicht vom Trenchcoat, man muss ihn wirklich nicht lieben, diesen Jean-Claude. Aber am Ende wird man ihn gern haben...
 
Im Tangokurs erwählt Francoise, ein freundliches, belebendes Wesen, den entfernten Bekannten zum Tanzpartner und im Wiegen zur Musik finden sie Harmonie. Ganz ohne Worte. Schlechtes Timing, sagt der Franzose dazu, denn Francoise steht kurz vor ihrer Hochzeit mit einem frustrierten und nicht besonders aufmerksamen Schriftsteller. So kommen sich Jean-Claude und Francoise zwar sehr still und vorsichtig näher, doch als er von ihrer baldigen Hochzeit erfährt, zieht er sich tief verletzt zurück. Er zieht jetzt seinen Job noch kälter durch, räumt einer Frau mit Mietrückständen die ganze Wohnung leer. Als auch noch der Vater stirbt und sich herausstellt, dass hinter seiner Grimmigkeit eine Menge Liebe steckte, wandelt sich Jean-Claude... Man wird ihn dafür sehr mögen.
 
"Man muss mich nicht lieben" ist passend zur Figur eine stille Geschichte, bittersüß. Der Hauptdarsteller Patrick Chesnais wird in Kritiken als französischer Bill Murray beschrieben und hat tatsächlich auch dessen herbe Tristesse. Eine ideale Besetzung!
 
Die Köpfe hinter "Gotan Project", Christoph H. Müller und Eduardo Makaroff, die gerade mit "Lunatico" eine neue CD veröffentlicht haben, gestalteten auch den Soundtrack. Ein ganz besonderer Genuss im Einklang mit dem sanft leidenschaftlichen Verlauf der Geschichte.