17.7.06

Geheime Staatsaff ä ren


Frankreich/Deutschland 2006 (L' ivresse du pouvoir) Regie: Claude Chabrol mit Isabelle Huppert, François Berléand, Patrick Bruel 110 Min. FSK: o.A.
 
Der Name ist Hohn: Jeanne Charmant! Charmant wie das kalte Lächeln eines Hais am Surfstrand. Und Jeanne? Jeanne d'Arc hatte noch ein menschliches Wesen, das von der göttlichen Pflicht überwältigt wurde. Diese Jeanne ist Robbespiere, die Lederhandschuhe rot wie El Grecos Großinquisitor. Und der Doppelname macht dann alles klar: Charmant-Killman. Ein Killer. Mit eiskaltem Lächeln serviert die Untersuchungsrichterin korrupte Industrielle ab, zwingt den Vorstandsvorsitzenden, die Hosen runter zu lassen. Ein analytischer Wirtschaft- und Politthriller, ein Stück aktueller Geschichte und eine grandiose Isabelle Huppert machen diese gar nicht so geheimen Staatsaffären ungemein packend.
 
Es geht um Vorteilsnahme von Politikern und Wirtschaftsbossen. Nicht um als selbstverständlich angesehene Gefälligkeiten und Extras wie Eintrittkarten für die Familie. Nicht um die vielen zusätzlichen Pöstchen um die mageren Hartz-Diäten aufzubessern. Es geht um die Hunderte von Millionen, die im Skandal um den Mineralölkonzern Elf Aquitaine flossen, auch nach Deutschland in Kreise der Regierung Kohl. Aber Altmeister Chabrol macht daraus einen Politthriller, der sich ganz auf schillernde Personen konzentriert, und auch ohne Wissen um die Hintergründe funktioniert.
 
Die Untersuchungsrichterin Jeanne Charmant-Killman (Isabelle Huppert) startet einen Feldzug gegen die Korruption bei Staatsunternehmen, wobei sich die Beteiligten bis in Regierungskreise reichlich bereichern. Zuerst hat sie einen Vorstandsvorsitzenden am Schlafittchen, der trotz seiner Allergie in Haft bleiben muss, es geht ihm jämmerlich, man bekommt richtig Mitleid mit ihm. Die Kumpane von der Macht ziehen sich von ihm zurück, schauen sich eher amüsiert die Bemühungen der Justiz an. Nur mit dem jungen Chef Jacques Siebaud (Patrick Bruel) versteht Jeanne Charmant sich auf äußerst reizende Weise. Mit Häme und Sarkasmus arbeiten sie zusammen.
 
"Geheime Staatsaffären" stellen den 67.Film von Claude Chabrol dar. Und es ist die siebte Zusammenarbeit mit "der Huppert". Sie dreht ausgesprochen gerne mit ihm. Und man ist während des Films überzeugt, sie wäre eigentlich lieber Untersuchungsrichterin geworden. Wie man ihr früher die jahrelangen Übungen als "Die Klavierspielerin" abnahm, oder die Mörderin im vorletzten Chabrol "Bittersüße Schokolade".
 
Diesmal schlürft "Lisbeth Huppertz" von der Macht, denn der Originaltitel "L'Ivresse du pouvoir" bedeutet Machttrunkenheit. Und man wechselt mit seinen Sympathien immer die Fronten zwischen der gnadenlosen Richterin und den ruchlosen Anzugträgern, die mit dicken Zigarren selbstgefällig die Luft versauen. Denn während die im Hinterzimmer die Fäden ziehen, sucht Charmant begierig die Kameras der Öffentlichkeit. Dabei vernachlässigt sie ihren Mann, der Selbstmord begeht, und die Gegner haben noch einige fiese Tricks auf Lager...