17.7.06

Battle in Heaven


Mexiko, Belgien, Frankreich, BRD  2005 (Batalla en el cielo) Regie: Carlos Reygadas mit Marcos Hernández, Anapola Mushkadiz, Bertha Ruiz, David Bornstien, Rosalinda Ramirez, El Abuelo, Brenda Angulo, El Mago 98 Min. FSK: ab 18
 
Carlos Reygadas ist in diesen Kino-Jahren für Sensationen zuständig. Schon sein "Japon" war im besten Sinne unfassbar. Philosophisch, religiös, provokant, blasphemisch, verstörend. Nach dem damaligen Drama in einsamer Höhe, in Nähe zur Himmelfahrt, zeigt Reygadas nun Stadt-Menschen in ihrer grandiosen Hässlichkeit. Ein dickes Paar hat ein Kind entführt, um sich etwas hinzu zu verdienen. Das Kind starb und jetzt führt eine wachsende Schuld in Marcos zu unglaublichen Entwicklungen.
 
Oder sollte man mit dem Sexualakt anfangen, der den Film eröffnet? Eine himmlische Vision von Marcos mit Anna, der Tochter des Generals, die er schon seit 15 Jahren kennt und chauffiert. Jetzt fährt er Anna ganz real zum Edel-Puff, wo sie heimlich arbeitet.
 
Hier klaffen extreme gesellschaftliche Brüche auf in Mexiko-City. Dass Marcos mit Anna schlafen will, könnte man als Überbrückung verstehen. Aber eindeutig lässt sich bei Reygadas nie etwas erklären. Er erzählt es auch keineswegs so klar, wie dieser Text. (Störende) Geräusche, langsame Fahrten und ungewöhnte Perspektiven irritieren. Lange, laute Musikeinsätze verschiedener Art passen nicht so richtig. Dann treiben es Marcos und seine Frau miteinander, nackt, schwitzend - über dem Ehebett zeigt Jesus seine Wunden. Später wird Marcos auf Knien und mit einer Kapuze verhüllt an einer Prozession teilnehmen. Auf seinem Rücken zeigt sich unerklärlicherweise Blut. Die Kirchenorgel spielt etwas, was verdächtig nach Dylans "Blowing in the wind" klingt! Und der Mord zwischendurch ist wie vieles andere schwer fassbar.
 
Nicht nur darin oder in den einzigartigen Bildern, dem eindrucksvollen Spiel der (schauspielerischen, nicht religiösen) Laien liegt die Faszination von Reygadas, die ihn zum Stammgast in Cannes machte. Er kämpft in seinen Figuren, deren Handlungen eine durchaus ernsthafte und höchst spannende Auseinandersetzung mit Schuld und Sühne, mit Aberglaube und Katholizismus, die typisch für Lateinamerika sein mag, aber auch andernorts verstanden wird.